Uslar/Niedersachsen: Es muss schon viel passieren, bis die aufmerksamen Mitarbeiter der Jugendämter Kinder von ihren leiblichen Eltern trennen. Vorher haben die Experten für die Kinder und deren Familien mit großem Aufwand viele andere Maßnahmen eingeleitet. Wenn alles scheitert, bietet das Albert-Schweitzer-Kinderdorf beste Zukunftsperspektiven für junge Menschen, die in ihrem kurzen Leben schon viel erlebt haben.

Eine Albert-Schweitzer-Kinderdorffamilie nimmt bis zu sechs Kinder und Jugendliche auf. Mit diesen und gegebenenfalls ihren eigenen Kindern leben sie zusammen. Eine besondere Stärke dieses besonderen Modells ist es, dass auch Geschwister in einer Familie zusammenbleiben können. Ausgebildete Erziehungsprofis (Erzieher, Heilerziehungspfleger und auch diplomierte Pädagogen) können quasi zu Hause arbeiten. „Mit Pantoffeln und im Schlafanzug direkt zum Arbeitsplatz, das kann nicht jeder“, sagt Kinderdorfmutter Bianca augenzwinkernd.

Die Frauen und Männer, die im Albert-Schweitzer-Kinderdorf Uslar als Kinderdorfeltern arbeiten, gestalten ihre Aufgabe mit großem menschlichem Engagement. Das war schon in den Anfangsjahren seit 1961 so. Und doch hat sich das Berufsbild der Kinderdorfeltern stark gewandelt. Die ersten Kinderdorffamilien entstanden vor fast 60 Jahren aus dem Anliegen heraus, Kindern, die verwaist oder in Not waren, ein Zuhause zu geben. Heute ermöglichen sie die professionelle Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen dauerhaft oder für längere Zeit nicht in ihren eigenen Familien aufwachsen können.
Es handelt sich um Kinder oder Jugendliche, die intensive Betreuung im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) brauchen. Sie stammen aus Familien mit erheblichen Problemen, sind teilweise entwicklungsverzögert oder verhaltensauffällig.

Ein starkes Familien-Team gibt Kindern Halt
Viele der Kinder haben einen deutlich erhöhten Förderbedarf. Daher leisten Albert-Schweitzer- Kinderdorfeltern auf der Basis individueller Hilfepläne professionelle (heil)pädagogische Arbeit. Weitere Sozial-Pädagogen, Erzieher, Hauswirtschaftskräfte und externe Therapeuten unterstützen sie dabei. Die Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern und dem Jugendamt hat einen hohen Stellenwert. Das Team der Bereichsleiter koordiniert alle komplexen Prozesse.

Ein Albert-Schweitzer-Kinderdorf bietet echte Zukunftsperspektiven
Der Alltag in den Familiengruppen ist so bunt und quirlig wie in jeder größeren Familie. Schließlich wollen vom Baby bis zum Teenager ganz unterschiedliche Persönlichkeiten zu ihrem Recht kommen. Kindergarten, Schule oder Ausbildung, Hausaufgaben und Hobbys prägen den Tagesablauf. Dazu kommen spezielle Förder- und Therapiestunden für einzelne Kinder.
Viele Kinder und Jugendliche lernen in ihrer Kinderdorffamilie zum ersten Mal ein Familienleben kennen, das alle gemeinsam aktiv gestalten. Ein großer Teil der ehemaligen Kinderdorfkinder führt heute ein ganz normales Leben. Die meisten erreichen einen Schulabschluss, viele haben eine Berufsausbildung und sind berufstätig. Manche sind inzwischen selbst Eltern und pflegen den Kontakt zu ihren früheren Kinderdorfeltern.

Jede Familiengruppe führt ihr eigenes, weitgehend selbstständig gestaltetes Leben. Das Albert-Schweitzer-Kinderdorf Uslar stellt den Kinderdorffamilien ausreichend Wohnraum für die gesamte Familie zur Verfügung. Großzügige, perfekt ausgestattete Häuser liegen dezentral in der Region im Uslarer Land oder direkt im Albert-Schweitzer-Kinderdorf.

FAQ´s zum Albert-Schweitzer-Kinderdorf
Ein Beruf, der so weit ins private Leben hineinreicht wie der der Kinderdorfeltern in einem Albert-Schweitzer-Kinderdorf, wirft viele Fragen auf. Die grundlegenden Fragen möchten wir hier beantworten.

Haben Kinderdorfeltern auch mal frei?
Aber sicher!

Werden beide Partner angestellt?
In der Regel wird ein Kinderdorfelternteil fest in Vollzeit angestellt. Der andere Partner geht außerhalb des Kinderdorfs seinem Beruf nach und wirkt ehrenamtlich mit.

Gibt es überhaupt Urlaub?
Ja. Sie haben Anspruch auf Freizeit und geregelten Urlaub. Je nach Familiengröße unterstützen ErzieherInnen und eine Haushaltshilfe im Familienalltag.

Wie bekommen die Familien Rat und Hilfe?
Albert-Schweitzer-Kinderdorfeltern sind in ein sozialpädagogisches Fachteam eingebunden. Sozialpädagogen und Erzieher sowie externe Therapeuten unterstützen die Arbeit. Sie arbeiten mit Institutionen und Ämtern zusammen. Supervision und Fortbildung sind selbstverständlich. Die Bereichsleitung stellt eine 24-stündige Unterstützung sicher. Bei den regelmäßigen Team- und Reflexionsgesprächen sowie bei Supervisionen werden alle Probleme geklärt.

Wo gehen die Kinder zur Schule?
Die betreuten Kinder besuchen öffentliche Schulen und andere Einrichtungen in der Umgebung.

Wie verkraften das die eigenen Kinder der Kinderdorfeltern?
Erfahrungsgemäß wägen Paare den Schritt zum Kinderdorfeltern-Beruf sorgfältig ab. Sie entscheiden sich erst dafür, wenn sie glauben, dass ihre Kinder mit der neuen Familie zurechtkommen. Sehr wichtig ist, dass die Kinder – falls sie dazu alt genug sind – der Vergrößerung der Familie zustimmen. Schließlich erfordert das Zusammenleben in der neuen Familie von allen großen Einsatz.

Haben wir Kontakt zu den Eltern der betreuten Kinder?
Ja, der Kontakt der Kinder und Jugendlichen zu ihren Herkunftsfamilien ist sehr wichtig und wird – wo es möglich ist – erhalten oder neu aufgebaut. Sie arbeiten daher mit den Familienangehörigen zusammen. Das ist nicht immer einfach, aber für die Entwicklung der Kinder unerlässlich. Stabilisiert sich die Situation in der Herkunftsfamilie, werden die Kinder zurückgeführt.
Gibt es Sozialleistungen für die Mitarbeitenden?
Das Albert-Schweitzer-Familienwerk legt großen Wert auf die bestmöglichen Arbeits- und Sozialbedingungen der insgesamt 900 Mitarbeitenden. Der gemeinnützige Verein zahlt nach Haustarifvertrag ((ähnlich TVÖD/TV-L) mit einer Jahressonderzahlung und arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung. Als eine echte Besonderheit bietet der Verein den Service einer anonymen, telefonischen und/oder persönliche Sofortberatung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Familienangehörige zu allen privaten, beruflichen und psychologisch-gesundheitlichen Anliegen inkl. Recherche- und Familienservice sowie Ärzte-Service (Hotline).

Gibt es weiter Einrichtungsteile?
Neben den Kinderdorffamilien gehören zum Portfolio des Albert-Schweitzer-Kinderdorfes in Uslar Erziehungsstellen, die Fachberatung Pflegestellen, die Wohngruppe “An der Ahle”, die Wohngruppe Teichhof, das Jugendwohnen, der kleine Kindergarten, ein Jugendcamp und das Berufsförderzentrum.

Hintergrund zum Träger:

Über das Albert-Schweitzer-Familienwerk e.V.
Der Verein ist eine starke Gemeinschaft in der rund 900 Mitarbeiter mehr als 3.400 Menschen in ambulanten und stationären Einrichtungen betreuen. Der Name ist Konzept: In elf niedersächsischen Städten und Gemeinden wurden regionale Dienstleistungszentren für Menschen geschaffen. Der gemeinnützige Verein bietet individuelle Hilfen für Kinder und Jugendliche, alte, kranke und behinderte Menschen. Viele Menschen vertrauen in den einzelnen Einrichtungsteilen auf die familienähnlichen Strukturen; ein großes Gemeinschaftswerk für hilfebedürftige Menschen: das Albert-Schweitzer-Familienwerk e.V.

Kontakt zum Albert-Schweitzer-Kinderdorf
Hans-A-Kampmann-Straße 7, 37170 Uslar
Telefon: 0 55 71 / 92 37 0

Titelbild Illustration Familie: Halfpoint, Nova Bana, Slovakia Bildrechte sind gekauft