Resümee über Zusammenhalt
Ein Interview mit Teilnehmern des preisgekrönten Theaterprojekts “Zusammenhalt” aus Sicht der Mitwirkenden
Ich bin Kim Wodtke und lebe im Jugendwohnen des Albert-Schweitzer-Kinderdorfs in Uslar. Ab Mai 2017 durfte ich Bestandteil des Theaterprojekts mit dem Titel „ZusammenHalt“ des Albert-Schweitzer-Familienwerks sein. Unter der Leitung von Schauspieler und Regisseur Timo Hübsch, den Betreuern des Jugendwohnens Uschi Theiß, Sabine Böker und der Theaterpädagogin Andrea Schlemme, sowie einer Praktikantin, haben wir zehn Jugendliche ein Stück geschaffen, das aus unseren eigenen Leben inspiriert wurde. Ein Stück, welches von Ausgrenzung erzählt und Zusammenhalt fördern soll. Die 10 Teilnehmer, welche zwischen 15 und 19 Jahre alt sind, stammen aus Kinderdorffamilien und dem Jugendwohnen des Albert-Schweitzer-Familienwerks und der Albert – Schweitzer – Förderschule in Uslar. An fünf Wochenenden und während einer fünftägigen Gruppenfahrt in die schöne Stadt Köln, welche nebenbei auch die Heimatstadt des Regisseurs ist, haben wir gemeinsam emotionale Höhen und Tiefen erlebt, sind körperlich und auch manchmal psychisch an unsere Grenzen gegangen, wurden von Timo Hübsch in Sachen Theaterspielen und generell im Bereich der Schauspielerei bereichert und sammelten wertvolle Lebenserfahrung. Wir sind jedes Mal ein bisschen mehr über uns hinausgewachsen.
Zum Abschluss des Projekts befragte ich einen Teil der Darsteller zur gemeinsamen Arbeit, zu ihren Eindrücken, Gefühlen und generell zum Stück.
Selvie, da nun die Zeit mit der Gruppe und die Proben zu und an dem Stück zu Ende sind, was nimmst du für dich von dem Projekt ,,ZusammenHalt” mit, bzw. was hast du fürs Leben gelernt?
Selvie: „Ich nehme die Erinnerung an die Gruppe mit, die ich mit der Zeit teilweise sehr ins Herz geschlossen habe und natürlich die Erfahrung mit einem Profi gearbeitet zu haben. Er hat uns gezeigt, wie man richtig schauspielert und dass es ganz wichtig ist, dabei immer zum Publikum zu gucken und dieses miteinzubeziehen. Außerdem habe ich gelernt, wie man sich richtig verhält auf der Bühne. Das Wichtigste, was ich aber gelernt habe, ist, dass ohne Zusammenhalt gar nichts geht und egal wie die Leute sind, man sie nicht abstoßen darf.“
Die anderen Schauspieler und auch Timos Frau haben ja aus ihrem Leben teilweise sehr traurige und emotionale Sachen erzählt. Was hat das mit dir gemacht, als sie ihre Lebensgeschichten mit dir geteilt haben?
Selvie: ,,Es hat mich berührt, weil ich mir die Vergangenheit der anderen Kinderdorfkinder nicht so hart vorgestellt hatte. Auch die Geschichte von Timos Frau ging mir sehr ans Herz, weil ich immer dachte, dass bei Schauspielern immer alles perfekt ist und ich so gemerkt habe, dass eben nicht immer alles Gold ist, was glänzt!“
Den Schauspieler Timo Hübsch hast du ja auch erst durch dieses Projekt kennengelernt und deshalb würde ich gerne wissen, wie du Timo als Regisseur und als Mensch an sich findest und ob er so ist, wie du ihn dir vorgestellt hast?
Selvie: ,,Ich dachte es kommt so ein Schnösel, der Leistungen von uns erwartet, die wir nicht bringen können, so profimäßig, weißt du?! Da dachte ich mir, wenn der von mir etwas will, was ich nicht hinbekomme, verweigere ich die Arbeit. Damals war ich von Vorurteilen geprägt, obwohl ich ihn noch nicht mal kennengelernt hatte. Als Mensch finde ich ihn total sympathisch und ehrlich und als Regisseur kann man mit ihm sehr gut arbeiten. Er ist einfach eine coole Persönlichkeit und ich bin ein großer Fan von ihm.“
Wir haben in unserer Darstellung unseres Stückes sehr viele ernste Themen angesprochen, wie zum Beispiel Rassismus und Homosexualität, wie hat dir die Verarbeitung dieser schwierigen Themen in dem Theaterstück gefallen?
Jasmin: „Ich fand es gut, dass wir diese Probleme in unserem Stück thematisiert haben, weil dies noch mehr darauf aufmerksam gemacht hat und man sich selber auch mehr mit den Problemen der Betroffenen auseinandergesetzt hat. Wir können uns nun auch besser in die Situationen der >>Opfer<< hineinversetzen.“
Eine schöne und emotionale Zeit ist mit unserem Auftritt vorbei gegangen, viele Probenwochenenden sind vorbei, an denen wir uns im Schauspielern geübt haben und viel Spaß miteinander hatten. Deswegen würde es mich nun mal interessieren, ob und wenn ja was du während des Theaterprojektes in Bezug auf das Theaterspielen und auch für dein Leben generell gelernt hast?“
Jay: ,,Ich habe gemerkt, dass es Ausgrenzung auch in Situationen gibt, in denen man es gar nicht vermuten würde und sollte. Zum Beispiel, dass selbst Menschen, die wegen bestimmten Dingen ausgegrenzt werden wiederum Gleichgesinnte wegen dieses Problems ausgrenzen. Wir sind eine echt krasse Gruppe und wir sind eine Mischung aus Dynamit im guten Sinne. Außerdem sind wir ein Feuerwerk der Freude.“
Wie fandst du das Thema des Projektes und die Themen Angst und Mut, welche in dem Stück verarbeitet werden? Musstest du selbst manchmal mit deinen Ängsten kämpfen oder dich zu etwas überwinden während des Projektes?
Jay: „Das Thema des Stückes ist echt gut und wie die Themen Angst und Mut in das Stück eingearbeitet wurden und wie sie personifiziert wurden, gefällt mir sehr gut. Dadurch verlieren sie auch teilweise ihren Schrecken. Ich musste mich nicht zum Schauspielern überwinden, da ich schon Erfahrung im Theaterspielen habe“.
Sevim und Alina, wir haben ja viel Schönes und manchmal auch weniger Schönes zusammen erlebt an den Probenwochenenden, interessante Erfahrungen in Bezug auf das Theaterspielen gemacht und vielleicht auch einige Dinge für unser alltägliches Leben gelernt.
Mich würde nun interessieren, was du für deinen weiteren Lebensweg von dem Projekt mitnehmen wirst und in Bezug auf das Schauspielern und auch für dich selbst?
Sevim: ,,Ich weiß nun, dass es immer einen Grund gibt, warum Leute sich so benehmen, wie sie es tun, und man sie deshalb nicht ausgrenzen sollte. Ich habe gelernt, dass was man auf der Bühne spielt, nicht mit dem realen Leben vergleichen kann und dass ich beim Spielen aus mir rausgehen kann ohne Angst zu haben. Am Anfang war ich nämlich ein bisschen scheu auf der Bühne.“
Alina: ,, Mir hat die Zusammenarbeit mit euch und Timo Spaß gemacht und ich habe gelernt Menschen nicht auszugrenzen, nur weil sie anders sind.
Kommentar der Autorin:
Ich wurde durch das Projekt und die Arbeit mit den anderen Schauspielern und besonders mit Timo Hübsch sehr bereichert – an Erfahrung, Lebensweisheit, schauspielerischem Talent und natürlich ganz viel an Freude und Freundschaft. Diese Bereicherungen konnte ich aber erst sammeln, nachdem ich ein ,,richtiger“ Teil der Gruppe wurde und mich mehr auf die Aufgaben von Timo eingelassen hatte und meine Skepsis an dem Projekt verlor. Denn diese hatte ich die ersten beiden Probenwochenenden durchaus noch und sie brachten mich sogar dazu, über einen Ausstieg aus dem Projekt nachzudenken. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich mich nicht dazu entschlossen habe, an dieser Stelle abzubrechen, denn sonst hätte ich sehr viel verpasst, viele Erfahrungen nicht gesammelt und keine neuen Freundschaften geschlossen. Auch hat mir die Arbeit an dem Stück sehr viel Spaß gemacht, da es sehr viele spannende Szenen gab. Es hat mir gefallen, die Szenen zu spielen und auch den anderen Schauspielern dabei zuzugucken. Timo hat uns viele coole schauspielerische Mittel gezeigt, die ein Stück richtig gut machen können. Auch habe ich wieder mal am eigenen Leib gemerkt, wie wichtig es ist, dass alle zusammenhalten und man sich aufeinander verlassen muss. Zum Beispiel ist es sehr blöd, wenn die anderen Schauspieler nicht zu Proben erscheinen oder wie ich, die Proben durch „rumbocken“ behindern. Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich die Zeit mit dem Ensemble sehr genossen habe und sie auch vermissen werde, da ich alle sehr ins Herz geschlossen habe und wir eine unvergessliche Zeit hatten. Außerdem habe ich meine schauspielerischen Fähigkeiten durch Timos Anleitung verbessern können und habe auch durch die erzählten Erfahrungen der anderen wiedermal gemerkt, dass Ausgrenzung aus welchen Gründen auch immer, keinen Platz auf unserer Welt haben sollte!
Kim Wodtke
ZusammenHalt Proben 1:
Timo Hübsch lehrte die Jugendlichen viele Tricks und Kniffe der Schauspielerei. Mit einer ausgewogenen Mischung aus Spaß, Aktion und Ernsthaftigkeit wuchsen die jungen Künstler schließlich über sich hinaus.
ZusammenHalt Gruppe:
In Kooperation mit Schauspieler und Regisseur Timo Hübsch, dem Verein Act to Be, dem Albert-Schweitzer-Bundesverband sowie der Albert-Schweitzer-Förderschule Uslar, dem Verein ARTE Events und einer Förderung durch das Bündnis für Bildung „Kultur macht stark“ konnte das Albert-Schweitzer-Kinderdorf Uslar über fünf Monate hinweg zehn Jugendlichen die Möglichkeit bieten, sich konstruktiv und kreativ mit den Themen Ausgrenzung und Zusammenhalt in einem eigenen Theaterstück auseinanderzusetzen. Der Einsatz hat sich mehrfach gelohnt, denn das Ensemble konnte mit seinem Stück auch die Jury des Jugendpreises vom Landkreis Northeim überzeugen und ergatterte so den dritten Platz. Diese Aufnahme entstand bei der Premiere im Rahmen der Uslarer Nacht der Kultur und zeigt das Ensemble zusammen mit Schauspieler und Regisseur Timo Hübsch (vordere Reihe, dritter von rechts) sowie Schauspielerin und Vertreterin des Vereins Act to Be Kristin Meyer (Mitte links) und Ursula Theiß (Albert-Schweitzer-Jugendwohnen), Wolfgang Böttcher (Albert-Schweitzer-Jugendwohnen), Margitta Behnke (Geschäftsführerin des Albert-Schweitzer-Bundesverbandes), Sabine Böker (Leiterin des Albert-Schweitzer-Jugendwohnens und Andrea Schlemme (Albert-Schweitzer-Jugendwohnen)
ZusammenHalt Proben 2:
So entstanden schließlich viele kleine Szenen, die den Spaß an dem Projekt wiederspiegeln und doch auch das „mittendrin“ im Spiel bezeugen.
ZusammenHalt 3:
Die Ideen zu dem Stück wurden im Übrigen von Timo Hübsch und den Jugendlichen während der Proben gemeinsam erarbeitet.
ZusammenHalt 4:
Geduld gefragt: Manchmal setzten sich die einzelnen Szenarien erst wie kleine Puzzlesteinchen zusammen. Schauspieler und Regisseur Timo Hübschs waches Auge behielt stets alles im Blick.
ZusammenHalt Szene:
Und Action: Bei der Premiere des Stückes „ZusammenHalt“ gaben die zehn Jugendlichen noch einmal alles. Schließlich war es „ihr Gemeinschaftswerk“, das da in einer voll besetzten Aula der Albert-Schweitzer-Förderschule im Rahmen der zehnten Uslarer Nacht der Kultur zur Aufführung kam.
ZusammenHalt Tanz:
Nicht nur die Zusammenarbeit während des Projekts wurde geprägt von bewegenden und emotionalen Momenten, viel Mut und neuen Erkenntnissen sowie einem Wechselspiel der Gefühle zwischen Euphorie und Angst, Mut und Unentschlossenheit: Auch das Stück „ZusammenHalt“ selber lebt von diesem Wechselspiel der Emotionen. So schien es mal eine nachdenkliche und kritische Haltung zu repräsentieren, um dann wieder aktionsgeladen und mit einem Feuerwerk voller Freude und Eifer daherzukommen.
Kinderdorf Uslar
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