Projekt Handschlag: Täter-Opfer-Ausgleich im Jugendstrafverfahren

Was ist ein Täter-Opfer-Ausgleichsverfahren?

Konflikte, die im Alltag auftreten, werden häufig von den Betroffenen selbst geregelt – zum Teil mit Hilfe von Eltern, Nachbarn, Freunden. Konflikte können sich aber auch so zuspitzen, dass sie mit einer Straftat enden. Ein Ausgleichsverfahren bedeutet, dass sich die Geschädigten und die Beschuldigten einer Straftat außerhalb eines Gerichtsverfahrens mit Hilfe von neutralen Vermittlern auch im Sinne einer Konfliktschlichtung um einen Ausgleich bemühen können.

Voraussetzungen für einen TOA

  • es sollen persönlich Geschädigte vorhanden sein;
  • die Beschuldigten räumen die Straftat ein und übernehmen die Verantwortung für ihr Fehlverhalten;
  • die Geschädigten sind mit einer Teilnahme an dem Verfahren einverstanden

Geregelt ist der Täter-Opfer-Ausgleich als ein außergerichtliches Verfahren im § 46a des Strafgesetzbuches. Der Gesetzgeber möchte damit sowohl die Situation der Geschädigten von Straftaten als auch der Beschuldigten, die sich ernsthaft um eine Schadenswiedergutmachung bemühen, positiv beeinflussen. Der Konflikt und seine Schlichtung wird in die Verantwortung der Konfliktbeteiligten zurückgegeben und somit die Möglichkeit eröffnet, die eigene Konfliktlösungskompetenz anzuwenden und die Art der Wiedergutmachung selbst zu bestimmen.

  • Somit kann im Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) eine für alle Beteiligten gerechte Übereinkunft erzielt werden.
  • Es erfolgt eine zeitnahe Wiedergutmachung durch den Beschuldigten. Lange zivilrechtliche Verfahren können so unter Umständen vermieden werden.
  • Durch einen erfolgreichen TOA kann ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren oder ein gerichtliches Strafverfahren erfolgreich abgeschlossen werden.

Den Täter-Opfer-Ausgleich bieten wir für Jugendliche und Heranwachsende an. Die Beteiligung daran ist freiwillig, kostenlos und findet an einem neutralen Ort statt.

Wie kann ein Ausgleichsverfahren angeregt werden?
„Die Staatsanwaltschaft und das Gericht sollen in jedem Stadium des Verfahrens die Möglichkeiten prüfen, einen Ausgleich zwischen Beschuldigtem und Verletztem zu erreichen. In geeigneten Fällen sollen sie darauf hinwirken. Gegen den ausdrücklichen Willen des Verletzten darf die Einigung nicht angenommen werden“ – §155a StPO.

Schon bei einer polizeilichen Vernehmung/Zeugenbefragung können die Beteiligten einer Straftat sich zur Möglichkeit eines TOA´s äußern. Die bejaende Äußerung wird dort vermerkt und weiter an die Staatsanwaltschaft geleitet. Somit entsteht eine erste Grundlage für das Ausgleichverfahren.

Wer kann ein Ausgleichsverfahren anregen?
Privatpersonen, Schulen, Jugendgerichtshilfen und Opferhilfebüros können den TOA anregen.

Wie verläuft ein Ausgleichsverfahren?
Zunächst erfolgt eine getrennte Einladung der Beschuldigten und Geschädigten zu Vorgesprächen. In den Einzelgesprächen wird über den Ablauf und Inhalt informiert. Thematisiert werden auch das emotionale Erleben der Tat, die Sichtweisen und die entstandenen Folgen. Die Bereitschaft, an einem gemeinsamen Ausgleichsgespräch teilzunehmen, aber auch die Ideen zur Konfliktregelung und Wiedergutmachung, werden mit den Beteiligten einzeln besprochen.

Wie kann ein gemeinsames Ausgleichsgespräch wirken?
‘Ein gemeinsames Ausgleichsgespräch kann nur stattfinden, wenn die Geschädigten dies wünschen und die Beschuldigten dazu bereit sind.

Das Ziel des Ausgleichsgespräches kann u.a. sein:

Den Vorfall emotional aufzuarbeiten, künftige Begegnungen entspannter zu gestalten, friedliche Konfliktlösungsstrategien zu erarbeiten und eine für die Beteiligten angemessene Wiedergutmachung zu vereinbaren.

  • Die Geschädigten haben die Gelegenheit, den Beschuldigten mit den Tatfolgen (körperlich/seelische Verletzungen, Ärger und Ängste) zu konfrontieren.
  • Die Beschuldigten haben die Gelegenheit, sich mit der Tat und deren Folgen auseinanderzusetzen. Sie können Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen.
  • Eine aufrichtige Entschuldigung des Beschuldigten beim Geschädigten
  • Zahlung von Schadenersatz
  • Eine Regelung des zukünftigen Umgangs miteinander

Rechtsgrundlagen
Die gesetzlichen Grundlagen sind im §§ 10, 15, 45, 47 Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt. §§ 45, 47 JGG in Verbindung mit § 153 StPO, die ein Absehen von der Strafverfolgung beziehungsweise eine Einstellung des Verfahrens regeln. Die Voraussetzungen dafür sind durch einen erfolgreich durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne einer erzieherischen Maßnahme gegeben.

Geeignete Fälle und Kriterien
Im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs gibt es vielfältige Möglichkeiten, Konfliktregelungen anzustreben. Die Praxis zeigt einen Schwerpunkt bei den Körperverletzungsdelikten. Darüber hinaus werden beispielsweise Tatvorwürfe wie Beleidigung, Nötigung, Erpressung, Bedrohung, Sachbeschädigung, Diebstahl, Betrug, Hausfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Raubdelikte bearbeitet.

Kriterien sind dabei:

  • Ein Täter-Opfer-Ausgleich sollte nur dann angeregt werden, wenn eine folgenlose Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit nicht in Betracht kommt. Damit wird gewährleistet, dass bei Bagatellstraftaten, die sonst ohne Weisungen oder Auflagen eingestellt würden, keine zusätzliche Sanktionierung erfolgt.
  • Ein Geständnis liegt vor, beziehungsweise es ergibt sich ein klarer Sachverhalt. Es sollten persönlich Geschädigte vorhanden sein. Da der Täter-Opfer-Ausgleich auf eine Begegnung und Aussprache zwischen Beschuldigten und Geschädigten ausgerichtet ist, sollten vor allem Fälle berücksichtigt werden, bei denen Personen geschädigt wurden.
  • Ausgleiche mit Institutionen sind sinnvoll, wenn persönliche Ansprechpartner mit Entscheidungsbefugnis für die Institution zur Mitwirkung bereit sind.

Kontakt

Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Jelena Bondarenko

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